3.10.10

Gerald Hüther im ZDF

Von ADHS-Leugnern, Psychiatrie-Hassern und Vitamin-Verkäufern wird gerne der Göttinger Prof. Gerald Hüther zitiert. Gestern war im ZDF eine Sendung ("Ketten im Kopf") über eine kleine Gruppe von ADHD-Kindern die für 8 Wochen auf eine "Alm" (= ein abgeholzter Berg) geschickt werden um ohne Medikamente auszukommen. "Projektleiter" Hüther kam auch für gefühlte 2 TV-Minuten auf die "Alm" und sprach mit den Eltern:
Das sind richtig starke Kinder. Es sind eigentlich die Kinder, die wir uns für die Zukunft dieser Gesellschaft wünschen könnten. Es sind Kinder, die sich nicht funktionalisieren lassen. Also man nennt das schwererziehbar. Aber es sind im Grunde genommen Kinder die man nicht verbiegen kann. Was man machen kann oben in der Alm man kann sie ermutigen und man kann sie inspirieren eine neue Erfahrung zu machen.
Eine der Mütter störte sich daran, dass die Schwierigkeiten der Kinder nicht berücksichtigt werden, z.B. dass sie häufiger Verkehrsunfälle haben durch ihre Unaufmerksamkeit. Eine andere Mutter bemerkte dass ihr Sohn vom Unterricht ausgeschlossen wird. Eine weitere Mutter meinte ja, man könne sagen zwar sagen "Das Schulsystem ist schuld", aber man muss halt darin zurechtkommen wenn man was werden will.

Hüther meinte, er wolle die Kinder so stark machen, dass sie das System aushalten, Selbstvertrauen bekommen, sich bedeutend fühlen.

Nach 8 Wochen behauptet der TV-Sprecher, dass die Kinder ruhiger geworden sind, und dann folgt das obligatorische Lagerfeuer und alle sind glücklich.

Einer der Betreuer schwärmte dann den Eltern vor, wie toll doch alles gewesen sei, man have viel geheult, umarmt und gekuschelt.

2 Monate später sah alles schon anders aus. "Nicola" ist langsam und kommt nicht mit und behindert den ganzen Unterricht. "Robin" ist ebenfalls unaufmerksam, die Mutter (Kinderärztin) ist enttäuscht, denn es gibt keine Verbesserung. Der wesentliche Unterschied ist dass die beide Kinder nun das Selbstbewusstsein haben, Medikamente abzulehnen.

"Malte" wechselt die Schule (es ist die 4te) und darf reiten und behauptet er sei nicht aggressiv. (Er wird es doch)

"Adrian" besucht eine Schule ohne Hausaufgaben. Die Mutter meint er sei viel netter und kuschelt viel und sei selbstbestimmter.

"Drei andere Jungs" seien kurz davor die Tabletten wieder zu nehmen, einer nehme sie bereits, weil die Lehrer sonst mit ihm nicht zurecht kommen.

Der Beitrag hat, auch wenn unbeabsichtigt, deutlich gezeigt dass diese Kinder grosse Probleme haben, darunter leiden, und nicht mit der Gesellschaft zurecht kommen. Die Methoden von Hüther verstärken das sogar noch. Natürlich ist auf einer "Alm" mit vielen Betreuern pro Kind und ohne Schule alles supi, aber kaum ist der Urlaub zuende, stört die Realität.

Bei den Kindern handelte sich sich auch nicht um die "Kevin", "Dennis", "Jeremy" oder "Justin" (Zum Thema Kindernamen und was sie über die Eltern aussagen, siehe auch Kapitel 6 in "Freakonomics") aus der Supernanny-Sendung, wo schnell offensichtlich ist, dass die Eltern das Problem sind.

Irgendwie erinnert mich Prof. Hüther an manche Tierversuchsgegner - wenn man mit denen genauer redet, zeigt sich dass es nicht um Tierversuche geht sondern um Ablehnung von Medizin, Kosmetika und Wissenschaft überhaupt.

Nachtrag 17.5.2011: Gestern war diese "Alm" (nun in der "Sinn-Stiftung" organisiert) auf RTL "Extra" zu sehen. Die Ergebnisse sind ähnlich, ausserdem kostet das Programm laut Sender 4500 Euro pro Monat.

Nachtrag 25.3.3013: Sexueller Missbrauch auf der "Alm"? (Spiegel)

Nachtrag 3.9.2013: Die Zeit nimmt Hüther gekonnt auseinander. Nebenbei wird erwähnt, dass das Alpenprojekt still beendet sei.

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