20.12.06

Die "Geheimsprache" der Rezensionen für Oper, Ballett und Theater

Für Arbeitszeugnisse gibt es eine "Geheimsprache":
  • Er hatte Interesse an seiner Arbeit (= Fauler Sack)
  • Er hat sich bemüht (= Unfähige Niete)
  • Er hatte Einfühlungsvermögen für die weibliche Belegschaft (= Sexuelle Belästigung)
  • Zu Vorgesetzten hatte er ein gutes Verhältnis (= Schleimer)
Gleiches gibt es für Hotel-Kataloge:
  • Haus mit jungem Publikum (= Wegen Lärm der Disco kann man erst ab 5 schlafen)
  • Verkehrsgünstige Lage (= Verkehrslärm)
  • Kurze Transferzeit (= In der Einflugsschneise)
  • Aufstrebende Gegend (= Baulärm ab 7)
Für die Bühne ähnliches:
  • Mutige Inszenierung (= Mutig sind die Leute, die nicht in der Pause oder schon vorher abhauen)
  • Es wurde auf Schnickschnack verzichtet (= die Bühne ist nackt)
  • Das Stück wurde in die Gegenwart verlegt (= Der Autor würde im Grabe rotieren, wenn er wüsste, was mit seinem Meisterwerk getan wurde)
  • Überraschende Aufführung (= Es wird geschossen, Hörschaden droht)
  • Eigenwillige Sicht auf Tschaikowskys Handlungsballett (= die Tänzer brüllen und fauchen)
Berlin ist ein Standort für "umstrittene" Inszenierungen. Immerhin gibt es drei Opernhäuser, die trotz chronischen wirtschaftlichen Misserfolges weiter tüchtig subventioniert werden. (Schulbücher müssen Berliner Eltern dagegen selbst bezahlen)

Wer in Berlin ins Ballett geht in der Hoffnung, Grazien zu beobachten die ihren Körper und ihre Gesundheit über Jahre belastet haben um uns ihre Anmut zu zeigen, irrt. Da kam z.B. im Jahr 2000 eine Choreographin Birgit Scherzer auf die "Idee", Schwanensee mit einem Motorrad auf der Bühne aufzuführen. Der Höhepunkt des Stücks, der pas de quatre der jungen Schwäne im zweiten Akt (dauert nur ca. 2 Minuten), wurde als lächerliche Parodie aufgeführt.

Wer in die Oper (womöglich mit dem Nachwuchs) geht um eine bunte, märchenhafte Aufführung zu erleben, kann im Jahr 2006 auch eine "Überraschung" erleben. Da ist ein Hans Neuenfels der Meinung, das Titelobjekt aus der Zauberflöte sei durch einen gigantischen hölzernen Penis darzustellen, und auch sonst hatte er einige "Ideen".

Da freue ich mich, dass zumindest ein Architekt es schaffte, sein Werk gegen Verhunzung zu sichern. Klassische Komponisten haben es da schwerer: Urheberrecht gilt nur 70 Jahre nach dem Tod.

1 Kommentar:

  1. Na ja, Berliner Eltern müssen nicht
    die Schulbücher selber bezahlen,
    für die fairen 40€ kann man
    meistens ca. einen Atlas neu kaufen.

    Aber irgendwo muss das Geld in einer
    armen Stadt doch herkommen. ;)

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