29.11.10

Wer hats verraten?

Die US-Botschaft hat in der FDP einen Informanten, wie dieses Dokument zeigt. Ihn zu finden dürfte leicht sein; die Quelle schreibt gerne mit, macht viele detaillierte Notizen. Dessen Karriere dürfte wohl beendet sein, sowie jemand das Dokument gelesen hat. Meine Erfahrung ist dass bei Besprechungen nur wenige gerne mitschreiben, und man ist dankbar wenn jemand diese Aufgabe übernimmt - und man weiss, wer das ist.

Update 2.12.2010: Das hat länger gedauert als gedacht, aber sie haben ihn. (Telepolis)

21.11.10

Pseudowissenschaft (13): Ghostwriting

Ein Ghostwriter packt aus (The Chronicle of Higher Education). Besonders gut gefällt mir dies:
Over the years, I've refined ways of stretching papers. I can write a four-word sentence in 40 words. Just give me one phrase of quotable text, and I'll produce two pages of ponderous explanation. I can say in 10 pages what most normal people could say in a paragraph.
Besonders gut kann man das bei (zu vielen, aber zum Glück nicht allen) Soziologen erleben. Es ist faszinierend, wie aus Banalitäten komplizierte Sätze gemacht werden. Eines Tages wurde die Soziologische Gemeinschaft gründlich durch einen Physiker reingelegt, der einen Artikel geschrieben hatte, der komplett aus Unfug bestand, und im wesentlichen erklärte, dass die Welt nicht existiere. Gelernt wurde daraus leider nichts.

Leider findet man diesen Trend zu blabla inzwischen auch in der Informatik (Beispiel von einem Kritiker). Eine renommierte open source Gemeinschaft macht sich darüber lustig, indem sie angibt, deren Software sei "buzzword compliant" und "works well with nouveau technologies".

13.11.10

no change (18): yes we can destroy torture videos

Das USA Justizministerium wird keine Anklage gegen den CIA-Mann Jose Rodriguez Jr. erheben, der Folter-Videos 2005 vernichten liess, um die involvierten Mitarbeiter zu "schützen". (McClatchy) Dies ist eine Fortführung der Strategie, keine Leute aus der Bush-Ära strafrechtlich zu verfolgen.

10.11.10

no change (17): yes we can steal your notebook

Auch unter Obama werden Regierungskritikern noch immer an der Grenze die Notebooks weggenommen. (Salon)

6.11.10

"Qualitätsjournalismus" neu definieren (7): jetzt doch!

Den von Bertelsmann angedrohten "Qualitätsjournalismus" gibt es nun doch! Stern (Bertelsmann) berichtet darüber, wie RTL (auch Bertelsmann) im April 2009 Jugendlichen Geld gegeben haben soll, um so zu tun, als seien sie kriminell. So wurde einer gefilmt wie er ein Auto "aufbricht" - tatsächlich war es die Familienkutsche.

3.11.10

"Qualitätsjournalismus" neu definieren (6): Umgeschriebenes

Den von Bertelsmann angedrohten "Qualitätsjournalismus" erwies sich bei GEO als "Umschreiben bis zur Unkenntlichkeit". Und deshalb hat die 74,9% Bertelsmann-Firma Gruner+Jahr in erster Instanz einen vom Autor Christian Jungblut eingereichte Klage verloren wegen Verletzung des Urheberpersönlichkeitsrecht. (Stefan Niggemeier blog)

Nachtrag: Werner Rügemer hatte vor langer Zeit ein noch schlimmeres Erlebnis mit einem anderen Verlag und gewann ebenfalls. (NRHZ)

1.11.10

Höllenjob Commerzbank-Kundenberater

Gelesen hatte ich durchaus öfter, dass Banker mit Kundenkontakt unter einem unheimlichen Druck stehen, zu verkaufen. Im Interview damit konfrontiert, versucht ein dafür Verantwortlicher nicht einmal, es ernsthaft zu bestreiten (Quelle):

Welt am Sonntag: Commerzbank-Mitarbeiter beschweren sich, dass es mittlerweile neben dem gewohnten Montagsanschiss auch noch den Freitagsanschiss des Vorgesetzten gibt, weil mal wieder nicht genug verkauft wurde.
Kassow: Ich kenne dieses Thema. Aber wir haben die Kontrolle eher reduziert als ausgeweitet.
Welt am Sonntag: Sie haben die Zahl der garantierten Anschisse auf zwei erhöht.
Kassow: Früher hatte jeder Berater montags sein Gespräch mit dem Filialleiter. Es wurde geschaut, was in der Vorwoche verkauft wurde, und es wurden die Ziele für die anstehende Woche festgelegt. Seit diesem Jahr wird bereits freitags die Woche analysiert. Montags ruft der Filialleiter nur noch mal die Mannschaft zu einer kurzen Besprechung zusammen, um beispielsweise zu schauen, welche Termine anstehen.
Welt am Sonntag: Und an welcher Stelle hat sich der Druck auf jeden einzelnen Angestellten nun reduziert?
Kassow: An den übrigen Tagen der Woche gibt es anders als früher keine Controlling-Gespräche mehr. Die Mitarbeiter sollen sich auf die Beratung konzentrieren. Eine übertriebene Mikrosteuerung bringt ohnehin nichts.
Zu gütig, zu gütig! Ich bekomme direkt Mitleid mit den Commerzbank-Mitarbeitern. Die dürfen also Dienstag, Mittwoch und Donnerstag angstfrei "beraten". Aber am Freitag bekommen sie ihren Anschiss (weil mehr Kunden inzwischen informierter geworden sind), und sollte der eine oder andere sich am Wochenende erholt haben, dann gibt's am Montag eine Auffrischung. Die möglichen Folgen: psychische Krankheiten und/oder Beratung von Kunden die intern unter "LEO" (leicht erreichbare Opfer) oder "A&D" (Alt & Doof) laufen. Solche Hochdruck-Umgebungen führen bei Menschen zu einem Luzifer-Effekt.

Nachtrag 18.3.2012: Es soll sich was ändern. (Welt)